Bevor das Inter­net den Jour­na­lis­mus demo­kra­ti­siert hat, war vie­les ein­fa­cher. Wenn Medi­en wie Radio, Fern­se­hen, Zei­tun­gen und Maga­zi­ne etwas ver­öf­fent­lich­ten, wur­de die Mel­dung von Redak­teu­ren gründ­lich über­prüft. Heu­te gibt es die­se soge­nann­te Gate­kee­per-Funk­ti­on der Medi­en nicht mehr und jeder kann sei­ne eige­nen Inhal­te veröffentlichen.

Regel 1: Sei kri­tisch und hüte dich vor dem schnel­len Weiterleiten

Des­halb pras­seln stän­dig unge­prüf­te Nach­rich­ten, Fake News und Gerüch­te, auf uns nie­der und wer­den in den Sozia­len Medi­en, in Face­book, Twit­ter und Co. ver­brei­tet. Vie­le Nut­zer lei­ten Mel­dun­gen mit einem schnel­len Click wei­ter, ohne dar­über nach­zu­den­ken – vor allem, wenn sie von Freun­den stam­men. Mal ist es ein­fach nur gut gemach­ter Spaß, mal ist es Pro­pa­gan­da, mal soll damit Stim­mung gemacht und Men­schen beein­flusst wer­den, mal locken die Fake News auf Phis­hing-Sei­ten, mit denen Kri­mi­nel­le Daten ihrer Opfer abgrei­fen. Die Grün­de sind viel­fäl­tig und der Scha­den ist groß.

Skep­sis und Miss­trau­en sind des­halb eine gute Grund­hal­tung bei Inter­net­in­hal­ten. Bevor etwas geteilt wird, soll­te der Inhalt auch gele­sen wer­den. Beim Lesen ist auch immer ein Plau­si­bi­li­täts-Check zu emp­feh­len. Klingt die Nach­richt glaub­wür­dig? Ver­stößt sie gegen natur­wis­sen­schaft­li­che Grund­re­geln? Erscheint sie merk­wür­dig? Bei den kleins­ten Zwei­feln soll­te man zögern und ver­su­chen zu che­cken, ob die Nach­richt wahr oder rich­tig ist. Es soll­te dabei klar sein, dass es kei­ne 100-pro­zen­ti­ge Sicher­heit gibt, es geht um eine Wahrscheinlichkeitseinschätzung.

Regel 2: Prü­fe, woher die Nach­richt stammt

Stammt die Nach­richt von seriö­sen Qua­li­täts­me­di­en, ist man auf der siche­ren Sei­te. Sie bemü­hen sich jede Mel­dung zu prü­fen und ver­öf­fent­li­chen nichts, wenn es nicht von zwei bis drei unab­hän­gi­gen Quel­len bestä­tigt oder von der Redak­ti­on selbst recher­chiert wur­de. Stammt die Nach­richt von einem ande­ren Medi­um, wird in der Regel eine Quel­le im Text genannt.

Gibt es kei­ne Quel­len­an­ga­be oder ist die Quel­le nicht auf­find­bar, ist Vor­sicht gebo­ten. Wird sie genannt, dann lässt sie sich meist über­prü­fen. Was steht in der Ori­gi­nal­nach­richt und stimmt das mit der Mel­dung über­ein? Oft reicht das schon, denn in vie­len Fake News wer­den kei­ne Quel­len oder aber fik­ti­ve oder fal­sche Quel­len ange­ge­ben. Gibt es eine kor­rek­te Quel­le, ist deren Serio­si­tät zu che­cken. Was ist das für eine Sei­te? Wer steht dahin­ter, was sagt das Impressum?

Es muss eine für die Inhal­ten ver­ant­wort­li­che Per­son und eine voll­stän­di­ge Anschrift ent­hal­ten – eine anony­me E‑Mail-Adres­se genügt nicht. Oft genug wird im Impres­sum eine fik­ti­ve Adres­se oder eine Sam­mel­adres­se ange­ge­ben, auch dann ist Vor­sicht gebo­ten. Ein gutes Mit­tel, um sich über eine Web­site zu infor­mie­ren, ist die Ein­schät­zung im Inter­net. Ist sie umstrit­ten oder bereits als Pro­pa­gan­da oder Fake-News-Sei­te bekannt, soll­te man die Fin­ger von ihr lassen.

Bei­spiel: 12 Pro­phe­zei­un­gen von Carl Fried­rich von Weizsäcker

Ein schö­nes Bei­spiel sind die angeb­li­chen 12 Pro­phe­zei­un­gen von Carl Fried­rich von Weiz­sä­cker, die unzäh­li­ge Male im Inter­net ver­öf­fent­licht und geteilt wur­den und wer­den. Sie sol­len aus dem Buch „Der bedroh­te Frie­de. Poli­ti­sche Auf­sät­ze 1945 – 1981, Mün­chen 1983“ stam­men. Doch Spra­che und Cha­rak­ter die­ser 12 Pro­phe­zei­un­gen pas­sen nicht zu CFvW. Das hat mich miss­trau­isch gemacht. Ich habe nach­re­cher­chiert und mir das Buch in der Baye­ri­schen Staats­bi­blio­thek aus­ge­lie­hen – dar­in sind kei­ne Pro­phe­zei­un­gen zu fin­den. Alles Fake! Wie sich bei der wei­te­ren Recher­che zeigt, stammt die­ser Fake von Rechtspopulisten.

Ursprung von Bil­dern checken

Ger­ne wer­den Bil­der ver­wen­det, um irgend­ei­ne Behaup­tung zu unter­mau­ern. Häu­fig stam­men sie bei Fake News von ande­ren Ereig­nis­sen oder sind mit Pho­to­shop bear­bei­tet. Auch hier gilt es kri­tisch zu sein und sich das Bild genau anzu­schau­en. Ist das Ereig­nis oder die ange­ge­be­ne Loca­ti­on zu erken­nen? Sind die genann­ten Per­so­nen deut­lich zu sehen? Mit der Bil­der-Rück­wärts­su­che lässt sich über­prü­fen, woher das Bild stammt. Dazu ein­fach die Bild-URL oder das Bild selbst in die Such­ma­schi­ne laden, dann stößt man schnell auf die Quelle.

Bei­spiel: Poli­zei vor dem Capi­tol bei Black-Lives-Matter-Demo

Als das Capi­tol in Washing­ton erstürmt wur­de, kur­sier­te ein Bild von zahl­rei­chen, schwer bewaff­ne­ten Poli­zis­ten, die bei der fried­li­chen Black-Lives-Mat­ter-Demo eini­ge Zeit vor­her das Capi­tol bewach­ten. Es soll­te zei­gen, welch unter­schied­li­che Maß­stä­be die US-Poli­zei anlegt, und dass sie bei Pro­tes­ten von wei­ßen Rech­ten weg­sieht. Doch das Bild zeigt gar nicht das Capi­tol, son­dern das Lin­coln-Memo­ri­al. Klas­si­sche Fake News!

Vor­sicht bei Studien

Ger­ne wer­den bei Fake News Stu­di­en genannt, um Wis­sen­schaft­lich­keit vor­zu­täu­schen. Drei Vari­an­ten gibt es: Es wird kei­ne ech­te Quel­le ange­ge­ben, son­dern vage von Wis­sen­schaft­lern aus irgend­ei­nem Land von einer unbe­kann­ten Uni­ver­si­tät geschrie­ben. Oder es wird eine (ger­ne fremd­sprach­li­che) Quel­le ver­linkt, die aber einen ganz ande­ren Inhalt hat. Oder es han­delt sich wirk­lich um eine publi­zier­te Stu­die, die aber weder reprä­sen­ta­tiv noch unab­hän­gig ist. Das ist dann schon schwie­ri­ger herauszubekommen.

Zunächst gilt es das Insti­tut und des­sen Repu­ta­ti­on zu über­prü­fen. Dann lässt sich che­cken, wie die Stu­die in den seriö­sen Medi­en bespro­chen wur­de. Schließ­lich soll­te der Auf­trag­ge­ber der Stu­die gesucht und geprüft wer­den. Hat er bestimm­te Inter­es­sen an den Ergeb­nis­sen der Stu­die? Das­sel­be gilt für die Finan­zie­rung der Stu­die. Schließ­lich lässt sich auch über­prü­fen, ob die Stu­die einen wis­sen­schaft­li­chen Beweis vor­legt oder eine Hypo­the­se for­mu­liert. Das ist zum Bei­spiel der Fall bei einer soge­nann­ten „vor­läu­fi­ge Stu­die“. Sie stellt Ergeb­nis­se vor, die noch nicht wis­sen­schaft­lich bewie­sen sind.

Regel 3: Fak­ten-Check-Sei­ten sind gute Helfer 

Inzwi­schen gibt es zahl­rei­chen Inter­net­sei­ten von staat­li­chen Stel­len, NGOs oder Initia­ti­ven, die Fak­ten über­prü­fen. Die spen­den­fi­nan­zier­te Sei­te COR­REC­TIV bei­spiels­wei­se hat sich die Recher­che für die Gesell­schaft auf die Fah­nen geschrie­ben und steht für inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­mus. Gera­de Mel­dun­gen, die in den Sozia­len Medi­en geteilt wer­den, las­sen sich auf jenen Sei­ten gut überprüfen.

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Ein Beitrag von:

Thomas Horsmann

THOMAS HORSMANN M.A.
Journalist | Texter | Text-Coach
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